Gründerrechte
7. Fazit und Ausblick
Ein hohes Mass an Liberalitát ist geradezu typisch für das liechtensteinische Personen- und Gesell-
schaftsrecht. Bei der Anstalt ist dieser liberale Ansatz besonders stark ausgeprägt, was sich auch in
einem weiten Ausgestaltungsrahmen der Gründerrechte niederschlügt. Dies bringt einerseits die oft-
mals gewünschte Flexibilitit und andererseits auch ein hohes Mass an Unsicherheit mit sich. So sind
nach wie vor unterschiedlichste Ausgestaltungsmóglichkeiten der Anstalt denkbar, welche jedoch in
der Praxis kaum ausgeschópft werden.
Die Ausführungen in dieser Arbeit zeigen, dass den Gründerrechten nicht zwingend ein vermógens-
werter Charakter zukommen muss, sondern diese auch als rein organschaftliche Rechte ausgestaltet
werden können. In Liechtenstein steht einer solchen Regelung auch kein Abspaltungsverbot — ähnlich
wie im deutschen Gesellschaftsrecht — entgegen. Solange in diesem Bereich jedoch Unsicherheiten
bestehen, ist eine statuarische Regelung betreffend die Rechte, Pflichten und Verantwortlichkeiten des
Gründerrechtsinhabers jedenfalls dringend zu empfehlen.
Betreffend die Anstaltsgründung durch einen Treuhánder kann festgehalten werden, dass Liechten-
stein neben der gesetzlich normierten Treuhünderschaft auch sog. fiduziarische Treuhandverhältnisse
kennt. Das Verhältnis zwischen wirtschaftlichem Hintermann und Treuhänder ist regelmässig als fidu-
ziarisches Treuhandverhältnis zu qualifizieren. Bei der blossen Gründung, ohne weiteren Verwal-
tungsauftrag, kann jedoch auch eine mittelbare Stellvertretung vorliegen. Gründer i.S.d. Gesetzes und
somit auch Gründerrechtsinhaber ist nicht der wirtschaftliche Hintermann, sondern stets der formelle
Gründer. Eine analoge Anwendung des Art. 552 8 4 Abs. 3 PGR auf Anstalten ist de lege lata abzu-
lehnen.
Vor der Abtretung der Gründerrechte nimmt der wirtschaftliche Hintermann gegenüber der Anstalt
keine eigene Rechtsposition ein, sondern erwirbt lediglich einen Anspruch gegenüber dem formellen
Gründer, dass dieser ihm die Gründerrechte abtritt.
Hinzuweisen ist auf die Haftungsproblematik, die sich ergeben kann, wenn der Treuhünder einem
Konflikt zwischen Weisungen aus einem Mandatsvertrag und den Vorgaben in den Statuten gegen-
übersteht. In diesem Fall kann die rein schuldrechtlich wirkende Weisung aus dem Mandatsvertrag
den Treuhänder nicht von einer Haftung gegenüber der Anstalt befreien.
Eine grundsátzliche Qualifikation als Gesamthand kann beim Vorliegen von mehreren Gründerrechts-
inhabern verneint werden. Eine statuarische Vereinbarung über eine gesamthánderische Bindung der
Gründerrechtsinhaber scheint jedoch móglich zu sein.
Abschliessend kann festgehalten werden, dass die Anstalt ein attraktives liechtenstemnisches ,,Pro-
dukt* 1st, welches einiges an ungenutztem Potenzial birgt, das jedoch erst ausgeschópft werden kann,
wenn die offenen Fragen einer Klärung zugeführt werden. Für die Praxis lässt sich festhalten, dass
sich eine gewissenhafte Ausgestaltung der Statuten, mit Rücksicht auf die Besonderheiten des Einzel-
falls, jedenfalls auszahlt und Rechtsstreitigkeiten vorbeugen kann.
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